Moderne Myofunktionelle Therapie im wissenschaftlichen Kontext der Entwicklungsbiologie

Es erschließt sich dem erwachsenen MAP-Patienten nicht sofort, warum es notwendig ist derartig in die Tiefe zu gehen und ihn mit dieser Text-Flut zu erschlagen. Aber die Ursachen sind nun mal komplex und in der sehr frühen Entwicklung zu suchen. Machen Sie sich die Arbeit, davon profitieren nicht nur Sie. Nutzen Sie die Informationen, damit ihren Kindern ihr Leiden erspart bleibt. Leider muss man davon ausgehen dass die Entwicklung ihrer Kinder einen ähnlichen Verlauf nimmt, wenn nichts unternommen wird. Im Text wird deutlich, dass Sie selbst initiativ werden müssen denn von der „normalen“ Schulmedizin ist wenig zu erwarten.

Wird die Therapie von einer selbsttätigen Apparatur (Relaktor) unterstützt, stellen sich sehr viel leichter Therapieerfolge ein. Die dringend notwendig sind damit die Logopädie vom Wissenschaftsbetrieb wahrgenommen wird. Siehe die Stellungnahme der DGKFO zur MF-Therapie. Von Entwicklungsbiologie und deren Gesetzmäßigkeiten ist da nicht die Rede, sie werden von der Kieferorthopädie nicht wahrgenommen.

Stellungnahme der DGKFO zur Diagnostik und Therapie orofazialer Dysfunktionen

Logopädie ist eine sehr junge Disziplin die sich rasant entwickelt. Sie ist zu großen Teilen stark vom Menschenbild der Zahnmedizin beeinflusst. Ihre Methoden orientieren sich zu wenig an der Entwicklungsbiologie und sind deshalb sehr mangelhaft. Leider entwickelt sich moderne MFT außerhalb der Logopädie Ausbildung. Sie hat im Curriculum bisher keinen Niederschlag gefunden. Das macht es sehr schwer brauchbare Therapeuten zu finden.

Moderne MFT denkt in orthopädischen Zusammenhängen und betrachtet den ganzen Körper. Sie beginnt beim Säugling und entwickelt ihre Methoden aus der Entwicklungs-Biologie.

Prof. Fränkel und später Frau Prof. Grabowski (Uni-Rostock) haben chronologisch biologische Entwicklungsschritte sehr genau beschrieben. Anders ausgedrückt, es sind die Einflüsse tonischer Muster im Zeiträumlichen Entwicklungsgeschehen die wesentlich die Entwicklung bestimmen. Bereits pränatal wird von notwendigen Wachstumsbewegungen gesprochen.

Restituierende Therapie, also Frühbehandlung beginnend beim Säugling ist ja nicht nur wünschenswert sondern notwenige Voraussetzung um das diagnostische Verständnis zu erwerben kompensatorisch ohne größere Fehler behandeln zu können. Für den MF-Therapeuten und den Kieferorthopäden.

Myofunktionelle Störungen: Expertenmeinung & Evidenz
(Karola Tenhündfeld 10. Jan. 2015)

In dieser Fleißarbeit wird sehr anschaulich beschrieben, dass es für den Logopäden mehr Fragen als Antworten gibt mit den Basics, also Oralen Funktionen (Myofunktionen) umzugehen, die bei jeder Art von Störung, die zum Behandlungsspektrum eines Logopäden gehören, anwesend sind. Vor allem wird deutlich wie groß der schädliche Einfluss der Literatur von Anita Kittel auf die Logopädie ist. Bei Kittel wird zu spät begonnen und der Focus liegt (diagnostisch und therapeutisch) auf der Umerziehung der Zunge. Das entspricht dem Anforderungsprofil der Zahnmedizin und ignoriert biologische Gesetzmäßigkeiten. Die Kernaufgabe ist Heilen, es darf nicht sein, dass sich auch die Logopädie auf kompensatorische Behandlung beschränkt. Um notwendige Haltefunktionen im Lippenbereich zu unterstützen braucht das Kind keine Schulreife.

Es ist absurd Fehlhaltungen erst zu therapieren wenn sie bereits etabliert sind.

Diese Erkenntnisse sprengen zwar etwas die Kompetenz eines MAP-Patienten und die Information ist mehr als Hilfe für den Therapeuten gedacht um diesem Patientenkreis gerecht zu werden. Dem Patienten bleibt nichts anderes übrig als seinen Therapeuten damit zu versorgen. Viele Therapeuten sind dafür sehr aufgeschlossen, weil sie selbst merken wie begrenzt ihre Möglichkeiten sind und Therapieerfolge ausbleiben. Moderne MF-Therapeuten sind da sehr viel erfolgreicher. Beispielhaft ist diese Literatur Empfehlung die hervorragend „richtig“ verstandene MF-Therapie beschreibt und sie auf wissenschaftliche Füße stellt. Die sich ohne Wiedersprüche im Kontext zur Biologie befindet.

Furtenbach M, Adamer I: Myofunktionelle Therapie kompakt II – Diagnostik und Therapie. Präsens Verlag, Wien 2016.

Das Kind sollte bereits sehr frühzeitig (mit etwa 8 Monaten) Haltefunktionen im Lippenbereich entwickeln. Es switched lange Zeit zwischen Saugreflex und adultem Schluckmuster hin und her, das funktioniert / entwickelt sich parallel. Das braucht das Kind um auch festere Nahrung verarbeiten zu können.

Feste Nahrung ist ein eigenständiger Wachstumsstimulus, sie ist notwendig damit die Oralen Funktionen mit ausreichenden Kräften die harten Strukturen belasten um ihre Entwicklung anzuregen. Systemisch braucht es ein Gleichgewicht der Kräfte, auch der übrige Körper sollte ausreichend tonisch sein (Bewegung / Haltungsschwäche).

DER MULTIFUNKTIONSRAUM MUND

Einblicke in die Entwicklung der oralen Funktionen und mögliche Störfaktoren
(Mathilde Furtenbach 03/2017)

Bereits mit etwa 18 Monaten sollte das adulte Schluckmuster etabliert sein.
Bleibt der notwendige Entwicklungsschritt ausreichender Haltefunktionen im Lippenbereich aus, wird bis ans Lebensende geswitcht (umgeschaltet). Dadurch wird die Funktion der Nasenatmung eingeschränkt, mit gravierenden Auswirkungen auf die Entwicklung der Atem Funktionsräume. Sie brauchen den Mundschluss für ihre Entwicklung.
Entwicklungsinduktion sind die wechselnden Druckverhältnisse (Unterdruck / Überdruck) in den Atemwegen.
Das macht die Diagnostik am Patienten so schwer, denn sie können ja beides. Fehldiagnosen sind da programmiert.
Ich halte es für zuverlässiger über die harten Strukturen die Diagnostik abzuleiten.

„Man kann jeder Dysgnathie dazugehörige tonische Muster zuordnen“

Im Oralen Funktionsraum ist die Kausalität überdeutlich, dass Zungenfehlverhalten seine Ursache in fehlenden Haltefunktionen im Lippenbereich (Mundschluss) haben. Erst ein kompetenter Lippenschluss erzeugt Druckverhältnisse (Unterdruck) die eine regelgerechte Zungenlage (Funktion) ermöglichen die der Orale Funktionsraum für seine Entwicklung braucht. Eine gestörte Gebiss Entwicklung ist lediglich Ausdruck fehlender Räume die ihre Ursache im Ausbleiben notwendiger tonischer Entwicklungsschritte (Mundschluss / zu geringe Muskelspannung) haben. Anlagebedingt (Familienähnlichkeiten) ist daran die Neigung Fehlhaltungen zu entwickeln die zu Ähnlichkeiten führen.

Myofunktionelle Therapie auch bei Kleinkindern möglich
(Sabine Fuhlbrück, Sonderdruck der Zeitschrift ZWP Zahnarzt-Wirtschaft-Praxis Juni 2015)

Bei kompensatorischer Behandlung (abgeschlossenes Wachstum), wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, die Funktionsräume nur eingeschränkt entwickelt und Fehlhaltungen etabliert sind, braucht der Therapeut eine chronologisch genaue Kenntnis biologischer Entwicklungsschritte um methodisch keine Fehler zu machen. Das legt die Reihenfolge fest, erst den Lippenschluss also Haltefunktionen der zirkulären Lippenmuskulatur zu erarbeiten. Die Atemfunktionswege müssen genutzt werden damit nicht Entzündungen (Schwellungen) die Atmung erschweren oder unmöglich machen. Das gelingt meistens über den Lippenschluss, der HNO-Arzt ist selten nötig. Damit verbessert sich spontan das Zungenverhalten (Anbahnung). Nur so wird es dem Therapeuten gelingen ein brauchbares Schluckmuster zu erarbeiten. Der Ausprägungsgrad der Fehlentwicklung (Räume) setzt aber der Therapie Grenzen. Die Gebiss-Entwicklung gibt dabei sehr genau Auskunft über muskuläre Fehlinduktionen.

Macht man das in umgekehrter Reihenfolge (Kittel) ist ein Scheitern der Therapie garantiert und eine Zirkusnummer. Fehlt der Unterdruck (Lippenschluss) folgt die Zunge der Schwerkraft und lässt sich nicht nach oben trainieren. Schlimmer ist noch, die Atemfunktion bleibt eingeschränkt und verhindert den Mundschluss.

Dabei ist es oft notwendig Blockaden in angrenzenden Strukturen zu lösen (Körperhaltung), das macht Osteopathisch geschulte MF-Therapeuten so erfolgreich. Wie erschwert die Problemstellung ist illustriert der folgende Text:

Das Hauptproblem fast aller Therapeuten (Körper und Psyche) ist: „Warum halten die Patienten an ihren gewohnten Mustern und Verhaltensweisen so fest?“. Antworten liefert da die Gehirnforschung (Bahnung von Mustern im Gehirn) und die Motivationsforschung. Klar ist dabei, je verfestigter die Bahnung ist (hat viel mit dem Faktor Zeit zu tun), desto schwerer lassen sich neue Muster antrainieren, d.h. die Anforderungen an die Motivation des Patienten übersteigen dann oft dessen Möglichkeiten. Ausnahmen bestätigen dabei die Regel.

Frau Furtenbach mit ihrem Steckenpferd „Schnuller“ macht auch in diesem Punkt alles richtig, denn schon in diesem Alter werden Bahnungen gelegt die spätere Therapien / Behandlungen enorm erschweren.

Zu wenig Beachtung findet, dass Myofunktionen als neuronal übergeordnete Vitalfunktionen zu betrachten sind, die Auswirkungen auch auf die Entwicklung angrenzender Strukturen haben. Es greift zu kurz nur den Schädel zu betrachten auch und vor allem bei den harten Strukturen. Das führt notgedrungen zu Fehleinschätzungen bei der Diagnostik weicher-und harter Strukturen bei kompensatorischer Behandlung / Therapie.

„Ein ungestörter Ablauf der Vitalfunktionen ist nur dann möglich, wenn sie die Skelettale Entwicklung mitgestalten können (Evolution).“

Es ist dieser Aspekt dem ich große Bedeutung beimesse und der mich den „modernen“ MF-Therapeuten auch als übergeordnet betrachten lässt.

Keine Schule die Körperarbeit betreibt hat diesen Zusammenhang (Vitalfunktionen) auf dem Schirm auch nicht die Osteopathen. Die häufige Resistenz von MAP-Patienten gegen Körperarbeit, die keinen Bezug zu Myofunktionen herstellt, ist mehr als ein Hinweis, dass dieser Denkansatz zutreffend ist.

 


 

MAP / CMD-Patienten dürfen nicht in maximaler Interkuspidation schlucken, obwohl das in der Zahnmedizin so gelehrt wird. Ich habe das etwas episch ausgebreitet, denn das beschäftigt mich seit langem und wird sehr kontrovers betrachtet.

Okklusion (Zahnmedizin) – Wikipedia
(in diesem Link wird verständlich erklärt was unter maximaler Interkuspidation, habitueller Bisslage und Zentrik zu verstehen ist.)

Die Zunge ist der Schlüssel – mit ihr wird die Ruhelage abgestützt und gesteuert. Nur sie ist in der Lage den sehr wichtigen minimalen Abstand der Zähne zu steuern. Die Gesichtsmuskulatur kann das nicht. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Zungenfunktion eine nachrangige Bedeutung hat. Ohne brauchbare Haltefunktionen im Lippenbereich wird sie viel zu oft ihre Aushilfsfunktion einnehmen die sie als Säugling hatte und damit wird sofort die Ruhelage instabil.

In der Ruhelage (die Zähne berühren sich nicht, ihr Abstand ist minimal / die Zunge befindet sich flächig im hohen Gaumen und die Lippen sind geschlossen) befindet sich der Unterkiefer bei Gesunden in einer physiologischen Zentrik (Myozentrik), die sich deutlich von der habituellen Bisslage unterscheiden kann. Eine zentrische Differenz besteht praktisch immer auch bei Gesunden und wird neuromuskulär kompensiert.

Bei CMD / MAP Patienten ist diese Kompensationsfähigkeit verlorengegangen / eingeschränkt. Es ist grob falsch physiologisch richtiges Schlucken im Zusammenhang mit einer maximalen Interkuspidation zu beschreiben. Man würde damit bei CMD / MAP-Patienten die Problematik verstärken. Richtig ist, minimaler Zahnkontakt (erster Frühkontakt) beim Schlucken ist erlaubt wenn man das als Orientierung braucht. Er ist aber nicht unbedingt nötig.

Da macht es sich die Zahnmedizin zu einfach, das sollte man differenzierter betrachten. Im Grunde besteht nicht einmal beim Essen Zahnkontakt durch das Mühlstein-Prinzip; es verhindert eine frühzeitige Abnutzung der Zähne. Physiologische Belastungen, die gesunde Knochenstrukturen (Dichte) und ein gesundes Parotontium brauchen, werden dadurch auch ohne Kontakt der Zähne erreicht.

Anders sieht es im Milchzahngebiss aus. Da sind ja Abrasionen an den Zähnen notwendig, damit das Kind seinen Unterkiefer ausrichtet und seine Statik findet. Ob das nun über das Essen funktioniert, wie auch Frau Prof. Grabowski das annimmt, dabei wäre die Schluckfunktion in maximaler Interkuspidation beteiligt. Oder über physiologisches Bruxieren, was logischer wäre. Ist der Schluckvorgang in maximaler Verschlüsselung beteiligt, müsste er sich im bleibenden Gebiss anpassen (Verändern) damit das Mühlstein-Prinzip zum Tragen kommt.

Frau Sabine Codoni und die von ihr entwickelte
Körperorientierte Sprachtherapie k-o-s-t® nach S. Codoni – steht dafür exemplarisch.
MF-Therapeuten die in diese Richtung denken und sich zutrauen Erwachsene MAP-Patienten zu behandeln dürfen sich hier verlinken lassen. Wir haben Patienten aus ganz Deutschland die Probleme haben geeignete Therapeuten zu finden.
________________________________________
Eine Fundgrube an Informationen über myofunktionelle Therapie, und sehr gute Therapeuten sind die im Folgenden genannten. Allen gemeinsam ist, sie orientieren sich an biologischen Gesetzmäßigkeiten (Fränkel / Grabowski).

Frau Ulrike Miehlke, Schwäbisch Hall
http://logopaedie-latzel.de/

Frau Sabine Fuhlbrück, Leipzig
http://www.mft-leipzig.de/

Frau Sabine Codoni, Basel
http://www.scodoni.ch/

Frau Ruth Bernard-Leick, Trier
http://www.logoteam-trier.de/